Ich mag Fotografen, die einem einen Blick hinter eine Fassade gönnen, hinter die man sonst nie hätte schauen können. Besonders gut gefällt mir dann, wenn die Aufnahmen so neutral wie möglich sind, damit sich jeder selbst ein Bild machen kann.

Phillip Toledano - Phonesex

Phillip Toledano – Phonesex

Genau dies ermöglicht der britische Fotograf Phillip Toledano in seinem Bildband „Phonesex„. In diesem Band finden sich Bilder von Leuten, die ihr Geld mit Telefonsex verdienen. Dazu gibt es immer eine kleine Anekdote aus dem Arbeitsalltag der Abgebildeten, die auf Außenstehende mit Sicherheit anfangs ein wenig befremdlich wirken.

Schließlich stellt man allerdings fest, dass das eigentlich auch nur ganz normale Leute sind, die ihren Lebensunterhalt eben mit den oftmals seltsamen Sexfantasien anderer Leute bestreiten.

Kaufen kann man das Werk z.B. hier über Amazon.

In der Selbstbeschreibung auf der Website von Mr. Toledano findet sich dieser Satz über ihn:

[..] He believes that photographs should be like unfinished sentences. There should always be space for questions. [..]

Ich halte das für eine großartige Einstellung. Er lässt dem Betrachter genug Raum, um selbst einen Eindruck zu gewinnen und sich eine eigene Meinung zu bilden. Toledano nimmt durch die Gestaltung der Bilder nichts vorweg und verleitet auch nicht zu einer bestimmten Haltung oder Sichtweise. Dadurch zeigt er die Dinge einfach so, wie sie sind.

Grade bei einem Thema wie „Sex“ bzw. „Porno“ finde ich das gut, da da jeder, der sich die Bilder ankuckt, vermutlich eh schon eine ganze Batterie an Meinungen und (Vor-)Urteilen im Kopf hat, denen Toledano mit einer sehr angenehmen Unaufgeregtheit entgegentritt.

Über das Projekt selbst schreibt er:

[..] A phone sex operator must be able understand the caller’s wants. But more importantly, they must be able to decrypt the unspoken desires. Those things that are too preposterous, too scandalous, or humiliating to articulate.

From a few mumbled words, a phone sex operator must weave and finely detailed fantasy encounter. It requires a vivid imagination, acting ability, and above all, a deep understanding of the human appetite. What do we crave? What words have the maximum yield? What tone will most effectively reach into a man’s trousers?

Phone-sex is theatre. An artificial passion-play in real-time, directed by a skilled verbal fantasist, with only one possible conclusion.

These photographs of phone sex operators were taken in their homes, often in the rooms where they worked. They opened theirs doors to a stranger, and wrote courageously about their experiences. [..]

Phonesex

Phonesex

I got into phone sex because I thought: „Why not get paid for talking dirty, instead of doing it for free?“

It brings up my self-esteem so much, knowing guys are looking at my pics and wanting to talk with me.

Wanting me to take them to a whole other place, filling their fantasies… painting that picture in their mind for them.

Phonesex

Phonesex

Phonesex

Phonesex

I am a straight male who speaks to woman. They want me.

They want me to talk to them, and to take them to another world.

I`m good at it. I’m a pro. A ladies man. [..]

Phonesex

Phonesex

 [..] He told me about his first experience with a glory hole.

He explained that he had no one he felt comfortable telling this to, and I felt a strange intimacy between us, thought it was rooted in a fantasy.

I think it`s easier to release repressed desires to a non-judgmental, fictional person, because there are no consequences in the outside world.

Da wir hier ja auch einen gewissen Lehrauftrag haben und ich es irgendwie lustig finde den Ausdruck „Schwanzloch“ in einem Wikipedia-Artikel zu entdecken, hier für alle, die mit dem Begriff „Glory Hole“ nichts anfangen können und sich nicht trauen selbst danach zu suchen:

Glory Hole (auch „gloryhole“ auf englisch; übersetzt: „Ruhmesloch“ oder „Ehrenloch“) − umgangssprachlich auch Klappenloch oder Schwanzloch − ist ein Loch in einer Wand zum Zwecke meist anonymer Sexualkontakte. [..]

Glory Holes sind Löcher, die in Hüfthöhe in die Trennwand zwischen zwei Einzelkabinen von öffentlichen Toilettenanlagen (zum Beispiel auf Bahnhöfen, in Universitäten oder Autobahnparkplätzen) oder Videokabinen in Sexshops gebohrt werden und der Aufnahme meist gleichgeschlechtlicher sexueller Kontakte zwischen Männern dienen. Dabei steckt ein Partner seinen Penis durch das Wandloch, um sich mit der Hand, oral oder manchmal auch anal vom Partner auf der anderen Seite befriedigen zu lassen.

Wikipedia

Phonesex

Phonesex

[..] Men call me for an infinity of reasons. Of course, they call to masterbate. I call it „Executive Stress Relief“:

It`s not sex; it`s a cocktail of testosterone, fueled by addiction to pornography, loneliness, and the need to hear a woman`s voice.

I make twice the money I made in the corporate world. I work from home, the money transfers into my bank account daily. [..]

Ich glaube an dem Projekt gefällt mir am besten, wie die Beteiligten mit dem für viele anrüchigen und tabuisierten Thema umgehen. Für sie ist es einfach nur ein Job wie jeder andere. Auch finde ich es beeindruckend, wie abgeklärt die damit umgehen. Sie wissen ganz genau um die Rollenverteilung bei dem ganzen Spiel und sind völlig ohne Illusionen bei der Arbeit.

Stark finde ich, dass sich genau diese Haltung in den Bildern und in der Art, wie die Bilder gemacht wurden, wiederfindet.

Noch ein paar weitere Bilder und die vollständigen Texte gibt es auf der Website zum Projekt PhoneSexTheBook.com. Bei Interesse bestellt man das Buch am einfachsten wohl über Amazon.

Auf der Website von Phillip Toledano stellt er noch eine ganze Reihe von spannenden Projekten vor. Besonders angetan hat es mir dabei „A new kind of beauty„, aber da macht man sich am besten selbst ein Bild von.

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